Wer wir sind – Der SFB „Sexdiversity“ auf einen Blick
Hier bloggt der im April 2024 gegründete Sonderforschungsbereich „Sexdiversity – Determinanten, Bedeutungen und Implikationen der Geschlechtervielfalt in soziokulturellen, medizinischen und biologischen Kontexten“ (kurz: SFB 1665). Der SFB bringt engagierte Wissenschaftler*innen an der Universität zu Lübeck und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zusammen. Hinzu kommen ausgewählte Expert*innen aus Berlin, Flensburg, Magdeburg, München und Hannover. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den SFB seit April 2024 bis Ende 2027 (erste Förderphase). Ziel ist es die Grundlagen der Entwicklung und Differenzierung des biologischen Geschlechts bzw. Körpergeschlechts zu erforschen und daraus Therapie- und Behandlungsansätze abzuleiten.
Sonderforschungsbereiche sind langfristige Projektzusammenschlüsse, in denen Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen und mehreren Universitäten und Forschungseinrichtungen kooperieren, um neue Erkenntnisse zu einem Themenbereich zu erlangen. Unser Team besteht derzeit aus etwa 70 Forscher*innen, Ärzt*innen, Study Nurses, Laborassistent*innen, Koordinator*innen, Techniker*innen und studentischen Beschäftigten, die gemeinsam die wissenschaftlichen Grundlagen von Körpergeschlecht interdisziplinär untersuchen.
Was erforscht der SFB „Sexdiversity“?
Im SFB „Sexdiversity“ geht es darum, die Vielfalt von Körpergeschlecht in verschiedenen Forschungskontexten zu untersuchen. Dazu werden neueste Methoden aus Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften eingesetzt. Der SFB betreibt dabei zunächst ergebnisoffene Grundlagenforschung.
Die Kategorisierung von Geschlecht ebenso wie die Beziehung zwischen biologischem Geschlecht oder Körpergeschlecht (engl. sex) und sozialem Geschlecht (engl. gender) werden gegenwärtig kontrovers diskutiert. In jüngster Zeit hat sowohl lebenswissenschaftliche als auch geisteswissenschaftliche Forschung gezeigt, dass die Annahme eines durchgängig und ausschließlich binären Modells von Geschlecht nicht immer sinnvoll ist.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer ist, dass sich Körpergeschlecht auf verschiedenen Ebenen manifestiert – auf der genetischen, hormonellen, der Ebene der Keimdrüsen, der Geschlechtsorgane und der sonstigen körperlichen Geschlechtsmerkmale. Diese Ebenen können jeweils charakteristische Formen annehmen, voneinander abweichen oder sich im Laufe des Lebens verändern. Ein Beispiel dafür ist der Hormonstatus, der sich bei allen Menschen über die Lebensspanne modifiziert. Ein anderes Beispiel sind Menschen mit sogenannten Varianten der Geschlechtsentwicklung (kurz: DSD), die nicht der typischen Geschlechtsentwicklung entsprechen, so dass etwa chromosomales und gonadales Geschlecht nicht übereinstimmen. Hier ist mehr Forschung notwendig – nicht nur für eine genauere Diagnostik, sondern auch für einen besseren Umgang in Medizin, Wissenschaft und Gesellschaft, der sich an den Bedürfnissen der Menschen mit DSD oder Intergeschlechtlichkeit orientiert. Mit der Erforschung dieser komplexen Vorgänge erhoffen wir uns zudem auch neuartige medizinische Therapieansätze.
Ganz bewusst verstehen wir Körpergeschlecht in einer weiten Bedeutung und als erkenntnistheoretischen Zugang zu unterschiedlichen Fragestellungen. Um eine simplifizierende Sichtweise zu vermeiden, regt der SFB eine Reflexion der Bezugsrahmen und der jeweiligen Kategorisierung von Geschlecht an.
Welche Projekte sind am SFB beteiligt?
Die insgesamt 22 beteiligten Teilprojekte lassen sich grob in drei Bereiche gliedern: In acht naturwissenschaftliche M-Projekte zu molekularen Faktoren und Mechanismen; in neun systemische beziehungsweise sozial- und geisteswissenschaftliche S-Projekte sowie in fünf wissenschaftsunterstützende Z-Projekte, die den SFB bei administrativen Aufgaben, Datenmanagement, Öffentlichkeitsarbeit oder Förderung von jungen Forscher*innen unterstützen. Ein Überblick über alle Teilprojekte findet sich auf unserer Webseite.
Warum braucht es einen Wissenschaftsblog zur Vielfalt von Körpergeschlecht?
Das Thema Körpergeschlecht ist neben dem sozialen Geschlecht in der Gesellschaft zu einem umkämpften Terrain geworden. Mit der Einrichtung des SFB hat die DFG dezidiert interdisziplinäre Forschungen zum Thema gebündelt und sich explizit auch einer umfangreichen Wissenschaftskommunikation verschrieben.
Der Science Blog ist dem Thema Vielfalt von Körpergeschlecht gewidmet und wird die im SFB entstehenden Forschungsarbeiten einer wissenschaftlich interessierten und breiteren Öffentlichkeit vorstellen. Dazu berichten wir faktenbasiert über aktuelle Forschungsfragen und stellen die beteiligten Projekte des Forschungsprogramms vor. Zudem möchten wir der Instrumentalisierung von Forschung zu politischen Zwecken entgegenwirken.
Weiterhin verstehen wir unsere Kommunikationsanstrengungen als Teil der Netzwerkbildung mit wichtigen Beteiligten- und Betroffenengruppen und möchten diese in die Planung und Organisation der Forschungsprozesse einbinden. Dazu gehört auch eine kritische Reflexion der Geschichte von Diskriminierung und Stigmatisierung von DSD, inter* und trans* Menschen in wissenschaftlichen Kontexten.
Feedback zum Science Blog?
Dieser Blog befindet sich derzeit im Aufbau – wir freuen uns über Feedback. Hier der Link zum Kontaktformular.
Weitere Informationen zum SFB 1665 auf unserer Webseite.
Redaktioneller Hinweis: Die auf dem Science Blog veröffentlichten Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung aller SFB-Mitglieder wieder. Zur Transparenzwahrung werden die Autor*innen-Kürzel und ggf. die Entstehungskontexte am Ende der jeweiligen Posts aufgeführt. Nachträgliche Aktualisierungen, Richtigstellungen oder inhaltliche Korrekturen werden als solche gekennzeichnet.